Bericht 6
Arequipa bis Montevideo / 27. Februar bis Ende April 2013
Bilderbuchwetter – blauer Himmel, blaues Meer, ein paar Mšwen, Tšlpel stŸrzen sich ins Wasser, wir stehen 35 m darŸber an Deck der ãGrande Costa dÕAvorioÒ. Seit einer Woche sind wir an Bord und mit uns unser ãSensibelchenÒ. Eigentlich wollten wir erst mit dem nŠchsten Schiff zurŸck, aber dessen Abfahrt wurde auf den 02. Mai verschoben, das war uns zu spŠt, und auf diesem Schiff ist zufŠllig eine Kabine frei geworden. Ist zwar eine fensterlose Innenkabine – Gruftfeeling ist im Fahrpreis enthalten - aber ansonsten haben wir es gut getroffen. Die ãGrande Costa dÕAvorioÒ ist erst zwei Jahre alt, sehr gepflegt, und der Koch ist Italiener! Mittags und abends drei GŠnge, dazu jeweils ein Viertele Wein – es geht uns gut.
--- Na ja, wenn man mal davon absieht, dass an Bord ein strenges Regiment herrscht. FrŸhstŸck um 7.30 h, Mittagessen um 11 h, Abendessen um 18 h. Zu spŠt zum Essen zu erscheinen, hat einen Anschiss vom Steward zur Folge: ãWir sind hier nicht im HotelÒ. Die Preise sind aber zumindest 3 Sterne Hotel: Cola 1 Û, kleines Bier 2 Û, und das muss man auch noch einen Tag vorher bestellen. Das Viertele Wein ist vom Geschmack eher ein weinŠhnliches GetrŠnk, aber zum GlŸck waren die kleinen Flaschen nach 2 Wochen alle und dann gab es fŸr 2 Personen immer eine 0,7 l Flasche weit besserer QualitŠt. Man kann zum Essen Ÿbrigens auch einen Softdrink ekommen, dann wird einem aber der Wein sofort weggenommen. Das Essen ist bekanntlich Geschmackssache. TŠglich Pasta und meist so al dente als wŠren sie nur blanchiert, dann hŠufig eine 2-3 mm Scheibe kurz gebratenes Fleisch, nur was fŸr Leute mit gesundem Kampfgeist. Selten GemŸse, 1-2 Esslšffel und wenn, dann nur in ungesalzenem Wasser gekocht und kalt auf dem Teller. Aber immerhin mit Bedienung, sonst kšnnte man sich ja eventuell 3 Lšffel nehmen. Damit man sich nicht festsetzt im Speisesaal, wird man mit einem Espresso in den Aufenthaltsraum komplimentiert, erst dann essen der KapitŠn und die Offiziere. Ob unser Anblick so appetitverderbend ist?? Aber vielleicht bin ich auch nur zu kritisch - Per ---
Neun Touristen sind wir, davon fŸnf Schweizer, alle mit ihren Wohnmobilen. Ulla und Kurt haben vor 5 Jahren ihre Mšbel verschenkt, ihr Haus verkauft und sind seitdem rund um die Welt gefahren. Laura und Heinrich haben vor 4 Jahren ihre Wohnung leergerŠumt und vermietet, sind dann bis SŸdafrika gereist, ehe sie ihr Auto nach SŸdamerika verschifft haben. Da nehmen sich unsere sechs Monate doch recht bescheiden aus. Meinen 70. Geburtstag haben wir an Bord gefeiert. Der Koch hat dazu einen kšstlichen Kuchen beigesteuert.
Aber der Reihe nach: Ende Februar war nix mit Wasser – Ÿberall WŸste, und nach vielen Tagen steiniger Hochebene, Sand und nackten Felsen hatten wir mal wieder Lust auf Abwechslung. Also auf nach Arequipa. Die zweitgrš§te StadPerus soll nicht nur sehr schšn sein, sondern auch ein ganzjŠhrig mildes Klima mit 300 Sonnentagen im Jahr haben. Wir kommen an einem der 65 Ÿbrigen an. Dicke Wolken verhŸllen die drei schneebedeckten Vulkane, die Arequipa umgeben. Die Vororte sind ebenso dreckig und stinkig wie bei anderen StŠdten, und wir wŸrden am liebsten umkehren. Aber dann kommen wir ins historische Zentrum – da mšchte man bleiben.Wei§e GebŠude aus leicht zu bearbeitendem Vulkan-Gestein sind mit herrlichen Ornamenten geschmŸckt und umgeben den Hauptplatz mit GrŸnflŠchen und BŠnken. Kolonaden laden zum Bummeln ein. An unserer Lieblingskirche wurde 100 Jahre gebaut (1595 bis 1698) – sie hat als einziges GebŠude die zahllosen Erdbeben schadlos Ÿberstanden, die die Stadt stŠndig erschŸttern.
Besonders bei einem Stadtaufenthalt stellt sich immer die Frage, wo man sicher und halbwegs angenehm stehen kann. NatŸrlich sprechen sich die mšglichen StellplŠtze unter den Globetrottern rum. Wir haben den Tipp bekommen, es beim Hostel La Mercedes zu versuchen. Das liegt schšn zentral, doch leider trennt nur eine hohe GrundstŸcksmauer den Wohnmobil-Stellplatz von einer stark befahrenen Stra§e. Die Hšhe der Mauer und Ohropax sorgen fŸr angenehme Nachtruhe. Die Sicherheitsma§nahmen sind fŸr deutsche VerhŠltnisse ungewšhnlich. Das schmiedeeiserne Eingangstor ist zusŠtzlich von innen mit Maschendraht versehen. Man klingelt, der Wachmann sieht den Besucher Ÿber den Monitor, erst dann wird gešffnet. Auch das Verlassengeht nur Ÿber Monitor-Gesichtskontrolle. Ulli und wir haben gerade noch Platz auf dem GrundstŸck, ein Schweizer Ehepaar mit VW-Bus und ein Franzšsisches Paar mit ihrem riesigen MAN-Wohnmobil stehen schon da. Die Franzosen leben seit 8 Jahren ausschlie§lich in ihrem Wohnmobil und wollen daran auch nichts Šndern. Zur BewŠltigung des Reise-Alltags gehšren auch Frisšr-Besuche und WŠsche waschen. Einen Frisšr empfiehlt uns das Touristen-InformationsbŸro (und hier spricht man ausnahmsweise mal Englisch). Preiswert gehŸbscht genie§en wir den Einkauf in einem Supermarkt. Den gibt es nicht in kleinen Orten, wo das Angebot meist recht einfach ist. Oft mŸssen wir suchen, ehe wir Ÿberhaupt Wei§brot kaufen kšnnen, denn in Peru wird schon morgens Suppe gegessen. Im Supermarkt bekommen wir mal wieder Dinge, auf die wir lŠngere Zeit verzichten mussten, wie z.B. Fleisch appetitlich verpackt, Wurst, Vollkorn-Toastbrot (wenn auch kein richtiges Vollkornbrot) und viele GemŸsesorten. Wie in allen Orten sind auch in Arequipa die einzelnen Gewerke in bestimmten Stra§en. Die WŠschereien findet man in der Avenida Jerusalem. Also schleppen wir BŸndel dreckiger WŠsche durch die Gegend. Mit dem Auto durch die Innenstadt geht nicht, es gibt nur sehr schmale Einbahnstra§en. Angenehme †berraschung: Im Preis enthalten ist die Anlieferung der sauberen WŠsche am nŠchsten Tag um 8 h ins Hostel – und zu unserer †berraschung klappt das auch pŸnktlich.
Stadt-Besichtigung abgeschlossen, VorrŠte
aufgefŸllt, WŠsche gewaschen – dann kannÕs ja weiter gehen.
Am Colca Canon wollen wir die Kondore sehen, die sich
aus dem Canon in die Hšhe schrauben und dicht an den Aussichtspunkten vorbei
kommen, wo die Touristen mit gezŸckten Kameras stehen. Aber vorher gehtÔs noch
Ÿber einen 4.900 Meter hohen Pass. Diese Hšhe mag unser Sensibelchen gar nicht,
aber diesmal hŠltÔs sich wacker. Oben dann statt
Aussicht auf die umliegenden Vulkane dicker Nebel und Schnee. Aber es geht
wieder runter, bald haben wir blauen Himmel und fahren auf einer Schotterstra§e
am Berg und grandioser Aussicht. Endlich mal wieder viel GrŸn, BŠume und
Blumen. Unten im Tal schlŠngelt sich ein Fluss entlang, auf zahllosen Terrassen
werden Getreide, Mais und GemŸse angebaut. Am Aussichtspunkt ãCruz del CondorÒ
stehen auf dem Parkplatz schon einige Minibusse mit Touristen. Sie kommen frŸh,
sind aber gegen 11 h alle wieder weg, dann haben wir Aussichtspunkt und
Parkplatz fŸr uns alleine, und einige Kondore auch, die sich erst jetzt so
dicht vor uns in die Hšhe schrauben, dass wir sie mit dem Tele fotografieren
kšnnen. Hier oben bleiben wir ungestšrt Ÿber Nacht stehen, und als wir am
nŠchsten Tag auf dem RŸckweg wieder Ÿber den Patapampa
Pass mit seinen 4.900 Metern Hšhe fahren, liegen nur noch ein paar Schneereste
am Stra§enrand, die Sicht ist klar, die schneebedeckten Vulkane leuchten am
blauen Himmel.
Auf demWeg nach Norden hatten wir den schwimmenden Inseln auf dem Titicacasee keinen Besuch abgestattet, das wollen wir jetzt nachholen. Der Hafen von Puno liegt voller Touristen-Boote, zur Hochsaison legen hier bis zu 200 Schiffe mit jeweils etwa 40 Leuten ab. Zum GlŸck ist jetzt keine Saison, die Regenzeit ist noch nicht ganz zu Ende, und prompt schŸttet es auch am nŠchsten Morgen heftig. Aber wir haben gebucht, und das Schiff ist gut gefŸllt, als wir um 7 h ablegen. Etwa eine halbe Stunde fahren wir durch einen GŸrtel von Totora Schilf, aus dem die berŸhmten schwimmenden Inseln und die typischen Boote gebaut werden. Sobald wir auf dem offenen Wasser sind (der Titicacasee ist fast 18mal so gro§ wie der Bodensee, wer mehr wissen will: s. Wikipedia), lassen Sturm und Regen die Wellen hoch gehen, unser kleines Schiff taucht immer wieder mit dem Bug tief in die Wellen ein und Wasser spritzt bis zum Heck. Nach 3 Stunden erreichen wir die Insel Taquile. PŸnktlich rei§t der Himmel auf, und wir laufen vom Anleger eine dreiviertel Stunde den steilen Weg mit prŠchtigem Ausblick hoch auf den Hauptplatz der Insel. Die Bewohner sind sehr besonders. Alle tragen ihre Tracht, die Frauen spinnen, die MŠnner stricken. Heiraten darf ein Mann erst, wenn er stricken kann. Die verheiraten MŠnner tragen rote MŸtzen, die unverheirateten rot-wei§e. Obwohl viele Einwohner auf dem Platz sind, ist es auffallend still, nirgendwo wird laut palavert. Die Handarbeiten werden in einem zweistšckigen Haus ausgestellt, und es wird Buch darŸber gefŸhrt, wer was abgeliefert hat. Beim Verkauf wird der Gegenstand aus dem Buch ausgetragen und das Geld an den Bewohner ausgezahlt. Gehandelt wird nicht, alles hat feste Preise. Alles auf der Insel ist genossenschaftlich organisiert. Der Weg zurŸck fŸhrt zum eigentlichen Hafen der Insel, fŸr uns geht es 541 Stufen bergab. Aber von den Bewohnern wird Ÿber diese Stufen alles hochgeschleppt, was auf der Insel benštigt wird - von GetrŠnken bis zu Baumaterial.
Nach zwei Stunden RŸckfahrt macht unser Schiff an einer der schwimmenden Inseln fest. Sie sind aus dem Totora-Schilf des Sees gemacht und mŸssen immer wieder mit einer weiteren Lage Schilf gedeckt werden, weil die unteren Lagen wegfaulen. Es gibt einen interessanten Vortrag zum (frŸheren) Leben auf den Inseln, heute leben die Bewohner zwar zum Teil noch vom Fischfang, aber in erster Linie davon, Souvenirs an die Touristen zu verkaufen.
GrenzŸbergŠnge haben oft ihren
eigenen Charme. Wir verlassen Peru und reisen wieder nach Bolivien ein. Erster
Schritt: Reisepass abschreiben, stempeln - kostet nichts. Dann Fahrzeugpapiere
abschreiben, aber dazu der Hinweis: ãUnsere Cola ist alle!Ò, also zwei gro§e
Cola kaufen und auf den Schreibtisch stellen. Ein schrŠger Blick und die
Antwort: ãEigentlich sind wir ja dreiÒ; trotzdem kriegen wir das nštige Papier.
Alles fertig? Nein, wir mŸssen noch zur Polizei. Ein Schreibtisch und ein
gro§es Buch, alles wird noch mal abgeschrieben.
Soll 50 Bolivianos kosten (etwa 5 Û), aber man kann ja handeln. Schlie§lich
zahlen wir 20 fŸr beide Autos. Trotzdem freuen wir uns, wieder in Bolivien zu
sein. Die Leute sind freundlich und unkompliziert, und mit ein paar Bolivianos
lŠsst sich vieles regeln.
Unser Weg fŸhrt weiter nach SŸden,
und da gibt es keinen anderen Weg als Ÿber La Paz. Also noch einmal zum Hotel
Oberland. Seit LŠngerem schon habe ich stŠndig Bauchschmerzen und KrŠmpfe. Eine
gute Gelegenheit fŸr einen Arztbesuch. Auf den Rat vom Schweizer EigentŸmer des
Hotels rufe ich Dr. Arispe an, der viele Jahre in
Deutschland praktiziert hat und Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft in
Bolivien ist. Er veranlasst, dass einige Stunden spŠter zwei Leute von einem
Labor kommen, die die notwendigen Proben mitnehmen und die Ergebnisse am selben
Tag noch an den Arzt weitergeben. Der wohnt in der NŠhe des Hotels, kommt daher
abends um 20.30 h vorbei, untersucht und verschreibt Pillen gegen WŸrmer und
ein Antibiotikum. Die Rezeption ruft eine Apotheke an, und eine halbe Stunde
spŠter werden die Medikamente zum Wohnmobil gebracht. Dann ist Wochenende, und
erst am Montag liegt das genaue Untersuchungsergebnis des Labors vor –
keine WŸrmer, dafŸr Coli-Bakterien. Aber durch das Antibiotikum bin ich bald
wieder fit.
Wenn den Bolivianern etwas nicht passt, wird
gern mal eine Stra§e blockiert. Wir fahren auf einer Art Stadtautobahn,
plštzlich kommen uns Autos entgegen. Nanu? Wenig spŠter stehen wir an einer
Blockade, drehen auch um und quŠlen uns eine Stunde durch kleine Stra§en und
chaotischen Verkehr. Ziel ist mal wieder eine Werkstatt, das Sensibelchen hat
auch Bauchschmerzen, bzw. ist nicht ganz dicht, der Simmering vom Differential
ist undicht. Eigentlich eine schnelle Sache. Nach der Mittagspause fangen sie in
der Werkstatt mit der Arbeit an und sind
bis zum Dunkelwerden nicht fertig. Also mal wieder eine Nacht zwischen
…llachen, Dreck und Schrottautos. Am nŠchsten Morgen wird weiter gearbeitet,
und dann dauert es noch mal bis zum Mittag. Warum so lange? Als der Simmering
ausgebaut ist, fŠhrt der Chef in die
Stadt und besorgt einen neuen. Als er das ausgelaufene …l nachfŸllen will,
lŠsst sich die EinfŸllschraube nicht lšsen. Also wieder los und eine neue
kaufenÉ. Es dauert, aber es ist sehr billig, wir zahlen fŸr Material und Arbeit
rund 50 Û. Nach 24 Stunden Werkstatt – Ulli hat, wie so hŠufig - geduldig
auf uns gewartet, geht die Fahrt weiter.Warum mŸssen
die meisten StŠdte nur so hŠsslich sein? Aus halbfertigen unverputzten HŠusern
ragen die Moniereisen in den Himmel, aber die aufgehŠngte WŠsche zeigt, dass man
hier schon wohnt. Zwischen den HŠusern Schuttberge, vor den HŠusern schlammige
PfŸtzen und MŸllberge, in denen herrenlose Hunde wŸhlen. Der nŠchste dieser
scheu§lichen Orte ist Oruro, und wir bemŸhen uns so
schnell wie mšglich durchzufahren. DafŸr ist die Landschaft danach umso
schšner. Zwar fehlen BŠume und BŸsche, aber dafŸr wechseln sich phantastische
Bergformationen ab mit tiefen TŠlern, Berge bestehen aus Schichten mit Farben
von orange Ÿber gelb, braun, grau und grŸn. Kurz vor der Stadt Potosi weist ein Schild an der Hauptstra§e auf den Platz ãOjo de IncaÒ (Auge des Inka). Es ist ein runder natŸrlicher
Pool mit 35¡C warmem Wasser, an 2 Seiten umgeben ihn farbige Berge, zur dritten
hat man einen weiten Blick ins Tal. Hier stehen schon zwei Wohnmobile, und ein
paar Globetrotter haben ihre Zelte aufgeschlagen. Wir genie§en das warme Wasser
und in der kalten Nacht den gigantischen Sternenhimmel in der klaren Luft.
Am nŠchsten Tag mŸssen wir in Potosi einen Bankautomaten Ÿberreden fŸr uns Geld auszuspucken (das klappt nicht bei jedem Automaten). Dann wird Diesel getankt und Wasser gebunkert, denn Trinkwasser gibtÕs an den meisten Tankstellen. NŠchste Station ist Uyuni, Ausgangspunkt fŸr einen Besuch des grš§ten Salars der Welt, einer SalzwŸste, †berbleibsel eines ausgetrockneten Sees (s. unter Salar de Uyuni bei Wikipedia). Am Stadtrand von Uyuni gibt es einen ãEisenbahnfriedhofÒ, hier rosten an die 30 Dampfloks vor sich hin. Einst gebraucht zum Abtransport der Ausbeute aus diversen Minen, wurden sie ŸberflŸssig, als die Minen erschšpft waren. Die rostigen Skelette ergeben ein skurriles Bild, sind eine zusŠtzliche Touristenattraktion und fŸr uns ein netter Nachtplatz. 25 Kilometer von Uyuni entfernt erreichen wir am 16. MŠrz denOrt Colchani, in dem die armen Menschen leben, die ihr Geld mit dem Abbau des Salzes vom Salar verdienen. Jetzt, wo am Ende der Regenzeit das Salz noch weich ist, werden Haufen angeschaufelt, die in der Sonne trocknen, ehe das Salz in der SalzmŸhle des Ortes gemahlen wird. Sobald die OberflŠche des Salars trocken ist, wird das Salz heraus gehackt – eine Knochenarbeit. FŸr uns ist es ungŸnstig am Ende der Regenzeit zu kommen. Wirkšnnen uns mit unseren schweren Autos nicht weit auf den Salar hinaus wagen, wir kšnnten einsacken. Es gibt zwar gefŸhrte Touren, aber auch die fahren jetzt nicht bis zu der berŸhmten Insel mitten im Salar. So begnŸgen wir uns mit einem Blick vom Rand Ÿber das endlose Wei§ unter dem wolkenlosen Himmel.
ãIhr mŸsst die Lagunen-Tour ins Altiplano machenÒ, haben alle Reisenden gesagt, die schon da waren. Diese Hochebene in rd. 4.000 m Hšhe in den Anden zwischen Peru und Bolivien ist eines der Highlights einer Bolivien-Reise, und es gibt diverse Anbieter von gefŸhrten Touren. Wir fahren natŸrlich mit unseren eigenen Autos. Viele Pisten durchziehen die Region, nicht alle sind auf den Karten verzeichnet. Also mŸssen wir erst mal rausfinden, wo wir fahren kšnnen und wie der Zustand der Piste jetzt am Ende der Regenzeit ist. Wir begegnen Fahrern von GelŠndewagen mit Touristen, sie geben uns die nštigen Tipps. Die Tour erweist sich fŸr mich als das Gro§artigste, was man sich landschaftlich vorstellen kann. Zuerst geht es durch eine weite Ebene, auf denen Lamas und ihre kleinen, zierlichen wilden Verwandten, die Vicunas, weiden. Bald sehen wir die ersten Lagunen. Flache WasserflŠchen, die durch Algen und Mineralien in allen Farben des Regenbogens schimmern und in deren Wasser hŠufig Flamingos stehen. Dann erheben sich plštzlich ganz ungewšhnliche rote Steinformationen aus der Ebene, so als hŠtte sie ein Riese verstreut. Schlie§lich gehtÕs Ÿber einen Pass von 4.700 m, und als wir uns wieder tiefer schlŠngeln, sehen wir in der Ferne schon die Laguna Colorada rštlich im Abendlicht schimmern. Gelbes Gras umrundet einen Teil, zahlreiche Flamingos stehen im seichten Wasser. Ein ãToyota LandyÒ mit Touristen spuckt ein halbes Dutzend lŠrmender junger Leute aus, aber die sind nach kurzer Zeit wieder weg, und dann ist Stille – eine Stille, die fast weh tut. Wir sind noch immer auf einer Hšhe von mehr als 4.000 m, aber inzwischen sind wir an die Hšhe gewšhnt, wir kšnnen problemlos Ÿber Nacht bleiben. Am anderen Ufer erheben sich Berge, die am nŠchsten Morgen rot in der Morgensonne leuchten. Scharen von Flamingos steigen von der Lagune auf, wo sie wohl hinfliegen? Fasziniert stehen wir drau§en, aber warm angezogen, denn es sind 6¡C und im Auto 12¡C. Die Heizung kšnnen wir in der Hšhe wegen des geringen Sauerstoffgehalts nicht anmachen, also wird vor dem Aufstehen ein Kessel mit Kaffeewasser aufgesetzt und der Backofen angemacht, und schnell wŠrmt sich der kleine Raum auf.
Die nŠchste Lagune ist 75 Kilometer entfernt, der Zustand der Piste verschlechtert sich drastisch, fŸhrt erst auf 4.900 m und bleibt dann lange auf 4.700 m. Gigantische Bergformen umgeben uns, ihre farbigen Gesteinsschichten leuchten in der Sonne, in der Ferne erheben sich schneebedeckte Vulkane, Ÿber einem Gipfel steht eine Rauchwolke.
Das Wasser der ãLaguna VerdeÒ soll
sich im Laufe des Tages langsam grŸn verfŠrben, und niemand wei§ so genau warum, das jedenfalls
schreibt unser ReisefŸhrer. Man sollte es allerdings nicht trinken, es ist arsenhaltig.
Als wir ankommen, ist die Lagune eher TŸrkis, aber trotzdem nicht weniger
eindrucksvoll. Wir entscheiden uns fŸr einen Nachtplatz ein StŸck vom Wasser
entfernt, und ich laufe dick eingepackt durch die extrem lebensfeindliche Natur
zum Ufer. Die Sonne brennt, ein eiskalter Wind fegt Ÿber die nackte Erde, kein
Grashalm ist zu sehen, trotzdem stehen am Rand der Lagune einige Vicunas, die kleinen hŸbschen und sehr eleganten Verwandten
der Lamas. Wie kšnnen sie hier Ÿberleben?
Die Nacht wird kalt, -8¡, aber um 7 h steht die Sonne schon so
hoch, dass sie beginnt das Tal und die Lagune zu wŠrmen. Der Wind heult, drei
Flamingos sind die einzigen sichtbaren Lebewesen, es ist fast unheimlich. Nur 7
Kilometer weiter kommen wir an die gro§artige Laguna Blanca mit ihrem total
wei§en Ufer, und dann nehmen wir Abschied
von Bolivien, reisen ein nach Chile und kommen wenig spŠter nach San Pedro de Atacama,
wo wir im ersten Halbjahr unserer Reise schon einmal waren.
Der Abschied von Ulli naht. Er will am
Pazifik Richtung SŸden, wir wollen weiter im Norden quer durch Argentinien und
dann erst sŸdlich bis Montevideo, wo unser Schiff nach Hamburg startet.
Aber wir haben noch viel Zeit und beschlie§en Ulli bis zum Pazifik zu
begleiten. Gemeinsam kommen wir dabei noch mal bei Calama
an der grš§ten Kupfermine der Welt vorbei (4,3 km lang, 3 km breit, 1 km tief),
die in der gesamten Region gewaltige Umweltprobleme verursacht. (FŸr mehr
Informationen s. Wikipedia unter dem Ortsnamen Chuquicamata.)
Bis zum Pazifik fŸhrt eine schnurgerade schnelle Stra§e 140 Kilometer durch
graubraune gleichfšrmige WŸste. Auch an der gesamten PazifikkŸste reicht die
WŸste bis zum Meer – kein GrŸn, kein Tierleben. Wenige Kilometer entfernt
von dem wichtigen Pazifikhafen Tocopilla steht plštzlich
ein Hinweisschild auf einen Golfplatz. Gibt es vielleicht doch ein grŸnes
Fleckchen – das wollen wir sehen. †berraschung!!-- Die ãGreensÒ sind ãBlacksÒ
und riechen nach Teer, grŸn angemalte Steine begrenzen den Fairway,
fŸr die AbschlŠge gibt es Holzpodeste. Zur Dekoration liegen auf einem StŸck
Felsen gro§e Walknochen und riechen krŠftig vor sich hin. Der Club hat 35
Mitglieder. Stolz zeigt man uns das Clubhaus, von dessen Terrasse man einen gro§artigen Blick hat: An den
Felsbrocken im Meer brechen sich wei§ schŠumend die gewaltigen Wellen des
Pazifiks. Auch ein Pool fehlt nicht, in den wird bei Bedarf das eiskalte
Meerwasser gepumpt.
Uns gefŠllt die trostlose Landschaft nicht, deshalb flŸchten wir zurŸck nach San Pedro, verlassen am nŠchsten Tag schon wieder Chile, reisen nach Argentinien ein, und fahren durch den Chaco Richtung Osten. Der Chaco liegt im Nordosten des Landes und war einmal ein riesiges bewaldetes Gebiet. Heute ist fast alles fŸr die Landwirtschaft abgeholzt. Aber ein StŸckchen ist noch erhalten, und zwar im Nationalpark Chaco. Was fŸr ein herrliches PlŠtzchen ist dieser Park! Subtropische Pflanzen, hohe BŠume, zahllose Všgel. Aber auch hier zeigt sich die KlimaverŠnderung. Vor Jahren floss der Rio Negro durch den Park, heute ist nur noch eine grŸne wasserlose Senke Ÿbrig. Wir sind die einzigen GŠste, es gibt GrillplŠtze mit bereits gehacktem Holz, Strom, warme Duschen – und alles ist kostenlos. Abends hšren wir die BrŸllaffen, und die Rangerin kommt extra um uns zu zeigen in welchem Baum sie herumturnen. Acht Tage bleiben wir in diesem Paradies, denn wir merken, wir sind reisemŸde.
Vor einiger Zeit hatten wir schon bei unserer Agentur angefragt, ob wir schon frŸher als geplant einen Platz auf einem Schiff bekommen kšnnen. Am 3. April erreicht uns eine SMS – wir kšnnten am 15. April in Montevideo ablegen. Wir sagen sofort zu.
Also Aufbruch, aber nach Tagen mit Sonne und Hitze regnet es. Die Lehmstra§e vom Nationalpark bis zum nŠchsten Dorf ist glatt wie Schmierseife. Per fŠhrt langsam, trotzdem rutscht das Sensibelchen erst von einer Stra§enseite zur anderen und bleibt schlie§lich im tiefen Schlamm mit einem Rad stecken. Kein Problem, wir haben ja Sandbleche. Also drei RŠder mit dem Highlift angehoben, Sandbleche untergeschoben, angefahren – kein Erfolg, die Reifen rutschen auch auf den Sandblechen. Wenig spŠter schlittert ein Motorradfahrer an uns vorbei, wir bitten ihn jemanden zu schicken, der uns hier rausziehen kann. Zwei Stunden spŠter hŠngt das Auto hinter den dicken Reifen eines Traktors und rutscht trotzdem noch von einer Stra§enseite zur anderen, ehe es wieder festeren Boden unter den Reifen hat.
FŸr zwei Ziele auf dem Weg haben wir noch Zeit. Das erste ist das Heiligtum fŸr Gauchito Gil. Er ist auch ohne den Segen der Kirche ein Volksheiliger, der so eine Art Robin Hood gewesen sein soll. †berall an Argentiniens Stra§en stehen kleine rote Schreine zu seinen Ehren, und man sollte beim Vorbeifahren hupen, das verhilft zu einer glŸcklichen Fahrt. Wir haben wohl ein paar Mal das Hupen vergessen, deshalb die Probleme mit dem Sensibelchen. Viel los ist nicht an der eher bescheidenen GedenkstŠtte und an den vielen Buden mit allem erdenklichen Kitsch. Aber am 8. Januar zu seinem Todestag sollen sich hier Tausende mit roten Fahnen versammeln.
Eine Tagesreise weiter kommen wir zum Nationalpark ãEl PalmarÒ, So hatÔs hier mal ausgesehen im Grenzgebiet zwischen Argentinien und Uruguay, Palmen, Palmen, PalmenÉWieder einmal war nur mit einem Nationalpark ein StŸckchen der ursprŸnglichen Landschaft zu retten. Ein Campingplatz direkt am Rio Uruguay gehšrt zum Park und bietet zahllosen Viscachas (HasenmŠuse) eine Heimat zum Hšhlen bauen. Wie HasenmŠuse sehen die putzigen Tierchen auch aus - Kopf, Kšrper und Grš§e wie Hasen, Schwanz wie Maus. Als es dunkel wird, kommen sie raus und fressen uns die mitgebrachten Mšhrchen schlie§lich aus der Hand. Zwei Tage bleiben wir in dem hŸbschen Park, ehe wir die Grenze nach Uruguay Ÿberqueren und wieder in Colonia sind, dieser schšnen Stadt am Rio de la Plata, nur 120 Kilometer von Montevideo entfernt. Am 12. April erreicht uns ein Anruf: Sofort nach Montevideo kommen, das Schiff lŠuft noch heute aus!
Na dann nichts wie los und tschŸss – auf Wiedersehen in Deutschland!